Das Grundprinzip von Rassismus

Am 15.11.2022 führten wir, die Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt, ein Online-Gespräch mit Quynh Anh Le ngoc und Miriam Schmidt über den Umgang mit Rassismus in Kinderbüchern.

Demonstration social justice

Quynh Anh Le ngoc ist Konferenzdolmetscherin und Fachübersetzerin mit Fokus auf den Zusammenhang von Macht und Diskriminierung und Sprache. Miram Schmidt ist Bibliothekspädagogin in der Stadtbibliothek Magdeburg. Dort ist sie zuständig für die Bildungs- und Programmarbeit und arbeitet schwerpunktmäßig mit Familien und Kindern.

Zu Anfang des Gesprächs erklärte Quynh Anh Le ngoc das Grundprinzip von Rassismus:

Dieses Grundprinzip gilt auch für alle andere Formen der Diskriminierung und basiert auf einer Definition von Rassismus von Albert Memmi. Es gibt dabei vier Stufen:

Auf der ersten Stufe heben wir einen Unterschied hervor. Das kann ein sehr willkürlicher, also ein beliebiger und zufälliger Unterschied sein – wie zum Beispiel. Augenform, Hautfarbe, Religion, Gender oder anderes.

Im zweiten Schritt weise ich Personen, die diesen beliebigen Unterschied (zu mir) haben, einer Gruppe zu. Das heißt, wir nehmen Menschen als eine zusammengehörige Gruppe wahr, die bestimmte beliebige Merkmale teilen. 

Wichtig ist dabei, wie willkürlich das geschieht: Menschen, die zum Beispiel ein Kopftuch tragen, werden als eine zusammengehörige Gruppe wahrgenommen, Menschen, die zum Beispiel blonde Haare haben jedoch nicht. Und das passiert alles unbewusst: Wir nehmen uns selbst als eine Gruppe wahr, das sind wir, und die Menschen, die ein bestimmtes Merkmal teilen, das sind die Anderen.

Auf der dritten Stufe füge ich dieser anderen Gruppen abwertende Eigenschaften hinzu. Quynh Anh Le ngoc betont, dass sie diese abwertenden Eigenschaften gar nicht wiederholen möchte, wir alle kennen das: Da gibt es diese eine Gruppe, die sieht so aus, und automatisch haben wir, obwohl wir diese Menschen gar nicht persönlich kennen, ein Bild im Kopf, wie diese sind. 

Und dann kommt der vierte Schritt: Die Verallgemeinerung und Verabsolutierung. Das bedeutet, dass ich mir durch die ersten 3 Schritte sage: Alle Menschen mit diesem einen Merkmal sind gleich. In den Medien, der Umwelt und in der Sprache werden diese Stereotype und verallgemeinerten Zuschreibungen ständig wiederholt - dadurch fällt es uns schwer, jeden Menschen als Individuum mit vielen Merkmalen und sehr unterschiedlichen Eigenschaften wahrzunehmen.

Diese 4 Stufen sind ein kurzes und einprägsames Modell, das uns helfen kann, einen Einstieg in das Durchschauen von Rassismus und anderen Diskriminierungen zu finden. Und dieses Modell kann uns auch bei der Analyse von Medien helfen. In unserem Fall hilft es beim Erkennen von rassistischen Stereotypen und Vorurteilen in Kinderbüchern.

Das ganze Gespräch findet Ihr hier: 
 

Umgang mit Rassismus im Kinderbuch - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt

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