Online-Gespräch: Solidarität – Was kann das alles sein?

Fist, red

Die Zusammenfassung einiger Aspekte des Inputs von Parwaneh Mirassan vom Konzeptwerk Neue Ökonomie in unserem Online-Gespräch am 24.11.2022:

Parwaneh Mirassan ordnet zu Anfang den Begriff „Solidarität“ ein, denn das kann ganz schön viel heißen.

Solidarität kommt aus dem Lateinisch und Französischen und bedeutet Zusammengehörigkeit.

Im römischen Recht war Solidarität festgehalten. Das hieß Insolidum. Und das bedeutet: Einer für Alle, Alle für Einen. So wurde damals ein Schuldverhältnis beschrieben, in dem jede Person für alle haftet. Eine gemeinsame Verantwortung und gegenseitige Unterstützung also.

Geprägt wurde der Begriff der Solidarität in der Vergangenheit sehr stark durch die Arbeiter*innenbewegung.

Aktuell wurde in Deutschland während der Pandemie viel über solidarisches Handeln gesprochen und auch jetzt durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Ich kann persönlich solidarisch sein und handeln. Solidarität ist aber nicht nur eine private Frage, sondern eine gesellschaftliche und politische.

Solidarität bedeutet mehr, als dass jede*r für sich und vielleicht noch für die eigene Kernfamilie sorgt und einsteht. Dieser Gedanke ist jedoch in unserer weißen, patriarchalen, kapitalistisch geprägten Gesellschaft stark verankert.

Gleichzeitig beruhen unsere Sozialsysteme im Grunde auf solidarischen Grundsätzen, wie etwa die Krankenkassen, das Rentensystem oder das Arbeitslosengeld. Diese sind aber gebunden an Bedingungen und Einschränkungen. Und sind somit nicht uneingeschränkt solidarisch.

Uneingeschränkte Solidarität könnte politisch zum Beispiel bedeuten, dass im Kontext von Migration die Aufnahme von Menschen nicht an Bedingungen geknüpft ist.

Solidarische Politik in Deutschland könnte zum Beispiel auch bedeuten, Verantwortung zu übernehmen für Kolonialisierung und für Klimaschuld.

Wir sprechen auch immer wieder von globaler und internationaler Solidarität. Zum Beispiel auf das Klima bezogen: Wie können wir im Globalen Norden, einen größeren Teil der Klimaschäden verantwortet, aber weniger bzw. später die Folgen erlebt, solidarisch sein mit dem Globalen Süden, in dem die Auswirkungen stärker und früher zu spüren sind?

Auch in den sogenannten Care-Ketten kann Solidarität oder auch das Fehlen dieser diskutiert werden. In Care-Ketten übernehmen vor allem BIPOC FLINTA* die Sorgearbeit also die Betreuungs-, Pflege- und Haushaltsaufgaben in Deutschland. Sie werden dabei schlecht bezahlt und ihre eigenen Kinder oder ältere Familienmitglieder bleiben häufig in ihrem Herkunftsland.

Intersektionalität stellt die Frage nach Allyship, nach Solidarität über Zugehörigkeiten hinaus. Wie kann ich solidarisch sein mit Menschen, die nicht zu meiner Community gehören, die nicht dieselbe Positionierung haben wie ich?

Durch die sozialen Medien wissen wir sehr viel mehr und sehr viel schneller was auf der Welt passiert, wir können uns dadurch auch manchmal verbundener fühlen. Und Social Media ist auch ein Ort, an dem Solidarität stark ausgedrückt wird. Die Proteste im Iran und die weltweiten Solidaritätsbekundungen sind dafür ein Beispiel.